May 16, 2023

Sight &

Sound

Hi Zooliners,

wir hier im Zoo haben das große Privileg, hin und wieder auf der ganzen Welt zu filmen. Doch bevor es für Basti heißt, sein Nackenkissen einzupacken, oder für Kat, während der Flugturbulenzen Aurelias Pulsadern abzuquetschen, gibt es etwas, das das Produktionsteam immer wieder tun muss: das richtige Equipment auswählen.

In unserem neuesten Blog möchten wir euch mitnehmen durch unseren Planungsprozess vor der Produktion und euch einen Einblick in unser kleines Kamera- und Ton-Setup geben. (Für Neugierige und Interessierte!) Um es einfach zu halten, haben wir es auf eines unserer Herzensprojekte Nobel Perspectives beschränkt. Bei diesem Projekt zieht es unser Team regelmäßig in die verschiedensten Länder, und auch wenn sich unser Wissensschatz durch die Gespräche mit den Nobelpreisträgern immer wieder erweitert die Art, wie wir es filmen, ändert sich nie.

SCHRITT 1: DIE KAMERA

Im Zoo gibt es einen japanischen Technikriesen, der das Sagen hat: Sony. Die Entscheidung, eine Kamera auszuwählen, ist daher ziemlich einfach:  Die Sony PXW-FX9 ist eine bemerkenswerte digitale Filmkamera, die unseren Projekten ein echtes Kino-Gefühl verleiht, ohne dabei das Budget zu sprengen – sehr wichtig! Die Kamera verfügt über einen Dynamikumfang von 15+ Blendenstufen, hat einen bemerkenswerten Vollformat-6K-CMOS-Sensor und kann intern mit 10 Bit 4:2:2 aufzeichnen. Kurz gesagt, ihre Bilder sehen einfach FETT aus. So können wir sicherstellen, dass wir das Beste aus dem herausholen, was uns allerorts geboten wird, und uns in der Post ein enormes künstlerisches Potenzial bietet.

Sony PXW-FX9 Gehäuse

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie wir diese Kamera verwenden können, um unsere Bilder einzufangen. Natürlich sollte ein Camera-Operator sich aller technischen Optionen bewusst sein und jene auswählen, die am besten zum Material passen. Doch hier ein grundlegender Überblick darüber, wie wir sie normalerweise benutzen und warum wir diese Settings verwenden.

4K XAVC-I Codec - Ermöglicht es uns, 4K aufzunehmen, ohne zu viel Geld für Speicherplatz auszugeben.
25 Bilder pro Sekunde (europäischer Standard) - 50 fps, wenn uns nach Slow Motion ist.
180-Grad-Shutter - Um unseren Bildern die cineastische Bewegungsunschärfe zu verleihen (wird manchmal für flackernde Lichter angepasst).
800 ISO - Die Base-ISO-Einstellung für die FX9, was bedeutet, dass wir praktisch kein digitales Rauschen bekommen.
Sony S-Log3/S-Gamut3.Cine - Der Farbraum für Sony Filmkameras.

Noch eine kurze Anmerkung zu Letzterem.

WAS ZUM TEUFEL IST S-LOG3.CINE?

Also, S-Log ist eine Gammakurve mit einem großen Dynamikumfang. Wenn man sich das anschauen würde, was wir tatsächlich aufnehmen, würde das Filmmaterial komplett flach erscheinen, so wie hier:

Sony S-Log3/S-Gamut3.Cine
Wellenform von Log-Material, einer digitalen Methode zur Darstellung der Farbhelligkeit. Der obere Teil des Bildes zeigt den hellsten Teil (den Himmel) und der untere Teil die Schatten.

Keine Farben, kein Kontrast, nichts. So grau wie der Winter in Berlin. Warum wir auf diese Weise filmen? Nun, das gewährt uns im Grunde genommen eine vollständige Kontrolle über das Bild während des Grading-Prozesses. (Es bedeutet auch viel mehr Arbeit, aber hey, wir lieben es.)

S-Log3 ermöglicht bessere Abstufungsmerkmale in den Schatten und im mittleren Tonbereich. Indem wir auf diese Weise filmen, behalten wir die größtmögliche Menge an Informationen, wenn wir aufnehmen. Sobald wir nun aber dieses S-Log-Bild in ein Rec.709 umwandeln – Rec.709 ist ein Farbraum, der als Standard für Bildschirme dient und sicherstellt, dass wir alle auf derselben Seite stehen, was die Farben betrifft – erhalten wir genau das:

Rec.709-Konvertierung
Waveform von Rec.709-Material, man beachte die Ausdehnung der Informationen, sobald man Farbe und Kontrast einführt.

Ziemlich cool. Und technisch. Aber immer noch cool. Doch wie können wir wissen, was wir filmen, wenn das Bild so flach ist? Nun, im übertragenen Sinne könnte man sagen, wir setzen uns einfach eine Sonnenbrille oder Farbbrille auf, nur dass wir das anders nennen. Denn wir filmen mit einer LUT (Lookup-Tabelle). Diese ändert, wie das Bild auf unseren Monitoren aussieht. Es handelt sich im Grunde genommen um eine Art, wie die Kamera die Farben und den Kontrast eines Bildes auf eine bestimmte Weise interpretiert eine Art Live-Konvertierung des Log-Bildes. Dadurch können wir auch unsere Belichtung genauer beurteilen und eine Vorstellung davon bekommen, was wir mit dem Bild nachträglich machen könnten. "Technisch" ist hier tatsächlich das richtige Wort. Nun, so nennt sich zumindest eine von zwei LUTs.

Es gibt nämlich zwei Arten von LUTs, die die meisten Kameraleute am Set verwenden. Technische LUTs (die von Kamerahersteller*innen bereitgestellt werden, um Log-Footage in Rec.709 umzuwandeln) und kreative LUTs. Bei den kreativen LUTs handelt es sich um LUTs, die die Farben und den Kontrast von Bildern auf vordefinierte Weise manipulieren. In unserem Fall haben wir tatsächlich unsere eigene Show-LUT für Nobel Perspectives erstellt. Diese LUT entspricht dem Look, den wir normalerweise im Endprodukt anstreben. Und auch wenn Eigenlob stinkt: Wir finden, sie fetzt. Hier mal der Beweis im Vorher und Nachher:

Unsere LUT fügt etwas mehr Kontrast, Sättigung und Highlight-Manipulation hinzu als die Standardkonvertierung. Nun gut, das war eine ganze Menge technisches Zeug, aber ohne all das hätten wir eben auch kein gutes Filmmaterial von unseren Abenteuern. Doch NUR das reicht nicht aus. Denn wenn es kein Objektiv zum Aufnehmen gibt, dann kann man auch nichts filmen. Und die Entscheidung darüber ist keine unwichtige.

SCHRITT 2: DIE OBJEKTIVE

Um zu entscheiden, mit welchen Cine-Objektiven wir filmen sollen, haben wir viele professionelle Objektive ausprobiert. (Ein großer Dank geht raus an unsere Freunde von Camelot Rental in Berlin) Nach all diesen Tests haben wir uns in den Look einer bestimmten Objektivserie verliebt: die Cooke Panchro/i Classic FF Serie.

Diese Objektive sind eine moderne Weiterentwicklung einer Serie, die seit den Anfängen des Kinos existiert. Im Jahr 1935 sagte der Kameramann der Metro-Goldwyn-Mayer-Studios: "... mindestens 50% unserer Produktionen werden mit Speed Panchros hergestellt." Sie führten zum sogenannten Cooke Look. Der sieht so aus:

The Irishman (2019)

Hier im Einsatz in Martin Scorseses 'The Irishman'. Dessen Kameramann, Rodrigo Prieto, wählte die Objektive aufgrund ihres Vintage-Aussehens, der wunderschönen Farbwiedergabe, des herausragenden Bokehs und ihrer zeitlosen Zuverlässigkeit. Es wäre schwer, ihm nicht zuzustimmen.

Cooke Panchro/i Classic FF 40mm T2.2, 50mm T2.2, 75mm T2.2

Normalerweise nehmen wir 3 bis 4 mit auf einen Dreh, um sicherzustellen, dass alle möglichen Optionen abgedeckt sind. Unsere Favoriten sind das 18mm T2.2, 25mm T2.2, 50mm T2.2 und 75mm T2.2. Sie sind schnell, leicht und obendrein im gelb-schwarzen Auftreten im Zoo so ziemlich “on brand”.

Wenn man weiß, wie man sie manipuliert, haben diese Objektive das Potenzial, einige wirklich außergewöhnliche Bilder zu schaffen und den cineastischen Look einzufangen, den viele der führenden Kameraleute anstreben. Und wir hier imZoo setzen sogar noch einen besonderen Akzent drauf, den wir vorne am Objektiv anbringen: das Tiffen Glimmerglass ¼. Hier könnt ihr euch mal anschauen, was dieses mit unseren Bildern macht:

Ohne Filter vs Glimmerglass ¼

Glimmerglass ist eine Serie von Diffusionsfiltern, die eine sanfte, saubere Halation um Lichtquellen erzeugen, ohne die Bildschärfe zu beeinträchtigen. Wie man auf dem oberen Bild erkennen kann, sorgen sie für einen besonderen Glow in den Highlights der Motive. Sie bringen auch uns jedes Mal zum Leuchten, schaut doch:

Letztendlich sorgt die Kombination all dieser Elemente dafür, dass wir ein Bild erhalten, auf das wir stolz sein können ein Bild, das von Anfang an kinoreif ist. Aber Nobel Perspectives ist nichts, wenn wir nicht hören können, was unsere Interviewpartner sagen. Was für ein Übergang...

SCHRITT 3: TON

Im Zoo wird mindestens so viel gequatscht wie angeguckt, daher stellen wir sicher, dass unser Ton immer von höchster Qualität ist. Dies erfordert eine Menge technischer Vorbereitung, denn die verschiedenen Aufnahmegeräte und Mikrofone sollen mit unseren Kameras synchronisiert sein, um uns den Schnitt zu erleichtern. Hier eine kurze Übersicht über unser Reise-Equipment.

Das Herzstück unserer Tonausrüstung ist das berühmte Sound Devices 633, ein Feldmischer mit integriertem 10-Spur-Rekorder und 6 analogen Eingängen. Er kann mit verschiedenen Stromquellen versorgt werden und gleichzeitig auf SD- und CF-Karten aufnehmen so sind wir immer auf der sicheren Seite. Er verfügt über einen integrierten Ambient Lockit Timecode-Generator, den wir in Verbindung mit den Ambient NanoLockits verwenden, um alle Kameras zu synchronisieren. Dadurch wird sichergestellt, dass unser gesamtes Filmmaterial problemlos in unserer Schnittsoftware synchronisiert werden kann. Auf früheren Drehs haben wir auch das Tentacle SYNC E MK2 verwendet, welches eine kostengünstigere Lösung sein kann. Aber wenn es um Zuverlässigkeit und Verarbeitungsqualität geht, bevorzugen wir das Produkt von Ambient.

Sound Device 633

Um sicherzustellen, dass wir jedes gesprochene und manchmal noch so gesäuselte Wort erfassen, verwenden wir zwei Hauptquellen für die Tonaufnahme. Ein Boom-Mikrofon und ein Lavaliermikrofon (auch bekannt als Ansteck-Mikrofon).

Wir haben uns in das Schoeps CMIT 5 für unser Boom-Mikrofon verliebt. Es klingt nicht nur großartig, sondern sieht auch toll aus. Mit seiner Supernierencharakteristik ist es die perfekte Wahl, um einen warmen und präzisen Dialog aufzunehmen, ohne viele störende Hintergrundgeräusche. Mit einem Frequenzbereich von 40Hz bis 20kHz deckt es alles ab, was man braucht. Schade nur, dass sich diese kleine Schönheit bei Außendrehs hinter einem Windschutz verstecken muss.

Allein diese Farbe...

Für unser Lavalier-Mikrofon verwenden wir gerne das Sanken COS11. Dies ist ein winziges omnidirektionales Mikrofon, das leicht vor dem Publikum versteckt werden kann und  einen Frequenzbereich von 50Hz bis 20kHz abdeckt. Um es noch einfacher zu verstecken, gibt es das Mikrofon in 4 Farben (schwarz, grau, beige und weiß) mit verschiedenen Zubehörteilen. Wir verbinden sie drahtlos mit dem Tonmischer über die Sennheiser 3000/5000 Serie, die wir auch verwenden, um einen vorläufigen Mix von unserem Recorder zur A-Kamera zu senden.

Wir lieben dieses Setup, da es uns eine hochwertige Klangqualität mit ausreichend Backup in Bezug auf Speicher und Strom liefert und zudem sehr gut zu handeln. Außerdem spart es uns auch viel Zeit in der Postproduktion. Es gibt viel zu bedenken, aber das ist es wert.

FAZIT

Nun, jetzt kennt ihr unsere Geheimnisse. Zumindest diejenigen, die wir bereit sind, mit euch zu teilen. Nobel Perspectives ist ein Herzensprojekt von uns, daher stellen wir sicher, dass wir beim Filmen der Wirtschaftsnobelpreisträger*innen ebenso nobel vorgehen und die höchstmögliche Qualität erreichen. Natürlich bedarf es noch vielem mehr, angefangen von der Beleuchtung und der Funkschärfe bis hin zur Interviewvorbereitung und dem Schnitt, aber über diese Themen werden wir ein andermal sprechen.

Bis dahin lassen wir euch mit diesem Juwel vom wundervollen Spike Lee zurück: "Wenn du etwas liebst, ist es keine Arbeit mehr."

Die Kinder, wie sie im Wald spielen.

Und nein, dieser Beitrag enthält keine Werbung. Zumindest keine bezahlte.

Ciao und grüße on top,
vom Zoo Kid On The Blog

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